Im Winter 2003, als Bär und ich uns gerade erst kennengelernt hatten, fuhren wir nach Miedzyzdroje. Wir mieteten ein Auto, nahmen die Autobahn Richtung Stettin, überquerten die Oder, und östlich von Swinemünde erreichten wir den alten pommerschen Seebadeort, der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu Polen gehört.
Der Ort wirkte verschlafen, heruntergekommen und etwas bizarr. An der holprigen Seepromenade, die zwischen den braunen Häusern und einem Wäldchen verlief, rosteten in einem kargen Parkstreifen Picknickgarnituren, auf einem trostlosen Spielplatz Wippe und Schaukel und Klettergerüste. Kaum noch erkennbar, dass sie einmal farbig waren. In einer offenen Baracke reihten sich Spielautomaten auf, verblichen und stumm. Beim Kinderkarusell konnte man wählen zwischen Pferden, einem Panzer und einer Hochzeitskutsche. Das Wellplattendach war gelb, in den Furchen lag Moos. Es gab auch Holzbaracken mit Tresenverkauf, in einer Baracke befand sich eine Bar. Wir mochten es so, diese Reste des Sozialismus waren irgendwie Kult, unsere Illusion einer untergegangenen, womöglich besseren Welt. Wir reisten auch in unsere Kindheit. ...