UA-66898233-1
Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Am Ende der Spiegel

Veröffentlicht am 25.10.2013

Der Tod ist für jede Beziehung ein Endpunkt, egal, wie sie war. Er ist wie ein klarer Spiegel, ans Ende eines Menschenlebens gestellt, in dem sich der Sterbende und seine ihm nahestehenden Begleiter noch einmal sehen können und müssen. Der Tod sagt, bis hierhin, nicht weiter. Sprecht jetzt, versöhnt euch, sofern ihr das müsst, bringt euren Bogen zu Ende. Es kann wie im Film sein, groß und wahrhaftig, erlösend, wenn man das will, wenn man das zulassen kann. Oder es ist eine Zumutung, zusammen in diesen Spiegel zu sehen. Man findet die letzten bedeutenden Worte nicht mehr, man hat sie vielleicht nie gefunden und sucht sie auch nicht. Das ist dann auch möglich. Niemand macht wirklich irgendwas falsch, im Beisein des nahenden Todes. Kann sein, dass man dem Sterbenden manchmal zu laut spricht, dass man in seinen Ohren nur plappert, ihn interessiert jetzt das meiste nicht mehr. Kann sein, dass man den Kaffee oder Tee zu heiß an sein Bett bringt. Dass man nur schweigt, weil einem nichts einfällt. Dass man sein Jammern nicht mehr versteht, dass ihm das Aufrichten weh tut, dass ihm die Frischluft zu kühl ist. Kann alles sein, aber man braucht es nicht fürchten. So jedenfalls habe ich das bei meinem Vater erlebt. Der Tod und das Sterben ist etwas, mit dem wir lernen können umzugehen, wie mit allem. Der erste Sterbende ist wie die erste Geburt. Überwältigt steht man davor und wird durch dieses Erleben ein anderer, stärker und tiefer im Leben verankert. Es gibt diese Ängste davor, die Angst nicht zu wissen, was da zu tun ist, wie man das aushalten kann. Wenn man aber dabei ist, dann handelt man instinktiv richtig. Man wächst und man scheitert, wächst durch das Scheitern, wächst vielleicht über sich selber hinaus. Man wird ein anderer werden. Das wollte ich sagen mit NICHT GENUG: Dass dieses sich Einlassen, Aussetzen, Ausnahmezustände leben, dass dieses sich selbst Überwinden wertvoll und gut ist. Dort wo die Angst sitzt, sollte man rein.