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Treffen

Veröffentlicht am 26.08.2008

Er kam mir in unserer Straße entgegen, zwei Häuser von unserem Eingang entfernt. Mit federnden Schritten und den Knöpfen eines Ipods in den Ohren. Er strahlte, als ich das Fahrrad anhielt und mich nach ihm umdrehte. Diesen „Dich kenn ich doch“-Blick müssen wir beide in diesem Moment gehabt haben.

Er nahm die Knöpfe aus den Ohren und dann sprachen wir miteinander wie alte Freunde und fragten uns, wie lange es wohl her sei. Acht Jahre, sagte ich und was er denn machen würde. Er sagte, dass er gerade von zuhause aus der Wichertstraße käme, erzählte etwas von einer Bar und dass er dann in „Batman“ gehen würde. Er strahlte im Grunde ununterbrochen. Ich erinnerte mich an ihn, an diesen jungen Schauspieler mit diesem grundlosen Strahlen, man hätte ihn einen Strahlemann nennen können, sein Name wollte mir aber nicht einfallen. Er würde gerade an der Müritz spielen, Sommertheater, ein Stück aus dem 17. Jahrhundert, was seinen Bart erklären würde. Er lachte. Ja und dann wieder Düsseldorf und davor fest in Cottbus. Aber bald sei er frei, das würde ihm besser gefallen. Als ich sagte, dass ich nicht mehr am Theater arbeiten würde, sagte er: Ach wirklich, du hast es geschafft? Und es klang, als wenn er von einer Droge sprechen würde, von der man nur sehr schwer loskommen würde, als wäre er ein klein wenig neidisch, aber er strahlte unentwegt weiter. Er strahlte und ich redete unentwegt weiter, vielleicht weil ich an diesem Tag noch nicht genug geredet hatte. Ich erzählte ihm von einem anderen jungen Schauspieler, den wir beide kannten und der auch im Viertel wohnen, dessen Namen mir aber nicht einfallen würde. Ihm fiel dessen Namen auch nicht ein, woraufhin ich mich traute ihm zu sagen, dass ich auch seinen Namen nicht mehr wüsste. Wir sagten uns unsere Namen wieder, aber es war vermutlich nicht wirklich von großer Bedeutung. Unser Gespräch endete ebenso abrupt, wie es begonnen hatte. In drei Minuten kann man sich, wenn man sich nur flüchtig kennt, wieder auf eine flüchtige Weise auf den neuesten Stand bringen. In drei Minuten kann man ein kleines Stück Vergangenheit hoch holen, das wenige, das man noch davon weiß, in strahlende Teile zerlegen, nett sein und sich dann wieder entlassen. Als wir uns trennten, nahm er eine Hand und hielt mein Gesicht, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben. Das war fast schon ein bisschen zu zärtlich für die Flüchtigkeit, mit der wir uns begegnet waren. Und auch ich war erstaunlich erfreut gewesen, als ich ihn sah.