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Respekt vor dem Leben

Veröffentlicht am 24.10.2012

Weil unsere Fähigkeit und Bereitschaft für einen anderen da zu sein begrenzt ist, wurde die Unterstützung und Hilfe für Notleidende wahrscheinlich institutionalisiert. Der Alte kommt in ein Pflegeheim, der Obdachlose in ein Obdachlosenasyl, der psychisch Kranke in ein Therapiezentrum, der Drogenabhängige in eine Entzugsklinik, das behinderte Kind wird immer häufiger gar nicht mehr erst geboren. Menschen in Not, hilfsbedürftige Menschen sind anstrengend für ihre Umwelt, sie kosten Zeit und Energie, die der Leistungsgesellschaft verloren geht. Der arbeitende Angehörige gerät unter Druck, ein Pflegefall bringt eine Familie oft an die Grenzen ihrer inneren Solidarität. Überforderung ist die Reaktion. Stress. Abwehr. Kann eine Partnerschaft einen Pflegefall aushalten? Kann ein Kind seine Eltern pflegen? Ist die Bereitschaft, die Nähe zueinander ausreichend da? Jemals da gewesen? Wie ist unser Verhältnis zu unserem Körper, wenn er nicht mehr gesund und schön ist? Wie gehen wir mit Krankheit und Tod um? Und wie erst mit einem Fremden, der sich uns plötzlich aufdrängt in seiner Hilfsbedürftigkeit?

Auf der anderen Seite: Wir sind schon erheblich zivilisierter und humaner, hilfsbereiter als in früheren Zeiten. Der Staat hat ausreichend finanzielle Kapazitäten um unser Bedürfnis nach einer humanen Gesellschaft in seinem Sozialsystem umzusetzen. Wir lassen den Kranken und Alten nicht mehr einfach am Wegrand liegen und ziehen weiter. Wir haben inzwischen Respekt vor dem Leben.