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Notizen "TagumTag"

 

"TagumTag" heißt das Notizbuch, das seit etwa 1993 auf meinem Desktop liegt und das mir, neben den papiernen Notizbüchern, als Arbeits- und als Tagebuch dient. Aus diesen Notizen habe ich hier eine Auswahl getroffen. Es sind Texte, Gedanken und Fragen, die auch heute noch für mich eine Relevanz haben, die mich noch immer beschäftigen, die stetig wiederkehren. Es sind Beobachtungen, Alltagbeschreibungen, Stimmungen, Protokolle von Gesprächen, die gerade, weil sie so unspektakulär aus meinem Leben und Umfeld erzählen, vielleicht etwas Dokumentarisches haben. Wahrscheinlich aber drückt alles zusammen genommen meine unaufhörliche Suche nach Gewissheiten und dauerhaften Einsichten aus.

 

Debatten

Veröffentlicht am 20.06.2007

Im Bundestag wird vergeblich über die Einführung eines Mindestlohnes diskutiert und in meinem Umfeld erfahre ich von Leuten, die kaum über die Runden kommen.

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Eltern

Veröffentlicht am 03.05.2007

Alles ist Fügung, sagte meine Mutter, und dass sie deshalb keine Angst vor dem Tod habe. Im Gegensatz zu meinem Vater hat sie Halt in ihrem Glauben gefunden, eine Gelassenheit und Stärke, die sie, wie mir scheint, früher nicht hatte. Sie betet, um sich zu beruhigen und das helfe ihr, sagt sie,

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Rente

Veröffentlicht am 18.01.2006

Gestern war ich bei der deutschen Rentenversicherung, um mein Konto zu klären. Seit einem halben Jahr lag die Aufforderung, dies zu tun, bei mir auf dem Schreibtisch und ich ahnte schon, dass dies kein besonders erbaulicher Termin werden würde.

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Käse

Veröffentlicht am 16.01.2006

 

Neulich kaufte ich einem um eine paar Cents fragenden Bettler, der vor dem Kaisers Markt stand und mir anbot, auf die Blumen im Gepäckträger meines Fahrrades aufzupassen, ein Stück Käse und zwei Brötchen dazu.

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Winter in Berlin

Veröffentlicht am 30.12.2005

Es hat jetzt drei Tage lang geschneit in Berlin und heute kommt zum ersten Mal die Sonne wieder durch. Das Licht, das auf den Schnee fällt, ist bombastisch, doch im Grunde wünschten wir uns, dass es ein bisschen mehr Frost hätte, damit der Schnee nicht gleich wieder schmilzt. Es war so schön die letzten Tage.

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Schwarzer Mann

Veröffentlicht am 20.12.2005

Heute Morgen fiel mir beim Frühstück ein, dass ich als kleines Kind oft von einem schwarzen Mann geträumt habe, der mich verfolgt hat. Manchmal war es auch ein schwarzer Hund, der über die Dächer sprang, ein furchtbar anmutendes großes Tier, überdimensional groß. Es gab zu der Zeit wohl noch den Hund Moggi, der nicht wirklich uns gehörte, der aber oft bei uns oben war, oben im Haus meiner Kindheit,

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Wohlstand

Veröffentlicht am 29.11.2005

Nein, wir sind hier nicht im Erdbebengebiet im Kaschmir, auch nicht bei einem Chiphersteller in China oder in Russland auf der Verliererseite. Wir sind hier, in Deutschland, wo es allen noch vergleichsweise gut geht. Ich müsste also entspannt und zufrieden sein.

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Im Park

Veröffentlicht am 12.10.2005

Wir haben einen goldenen Oktober. Die Tage erwärmen sich auf nahezu zwanzig Grad und man wundert sich, wenn es dann abends doch schon um halb sieben dunkel wird. Gestern war ich um diese Zeit im Friedrichshain Park. Als ich mein Fahrrad anschloss, stand die Sonne schon sehr tief. Sie lag flach über der Straße und erreichte nur noch einzelne Baumwipfel. An manchen Stellen im Park streckte sie sich noch durchs Unterholz und funkelte, doch der Spielplatz am Eingang und das Basketballfeld lagen schon im Schatten. Manche der Spieler trugen wie im Sommer kurze Hosen und T-Shirts und sie rannten gegen die einbrechende Dunkelheit an.

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Nach Weihnachten

Veröffentlicht am 27.12.2004

Gestern fuhren wir mittags mit der Straßenbahn, der neuen M1-Linie zum Endbahnhof Rosenthal Nord. Der Himmel spannte sich wie ein hellgrauer Vorhang über eine im kalten Nieselregen erloschene Landschaft. Schwarz starrten die Skelette der Bäume, farblos die Gärten und Plätze. Rosenthal war die pure Tristesse und erzählte von einer schöneren Abgeschiedenheit, als es noch ein märkisches Örtchen war, mit Kirche und Alleen und klassizistisch verzierten niederen Häusern mit backsteinernen Gehöften dahinter. Jetzt steht vieles zum Verkauf,

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Weihnachten

Veröffentlicht am 25.12.2004

Gestern Nacht sind wir beide mit der Straßenbahn zum Hackeschen Markt gefahren. Wir wollten durch die friedlich leere Stadtmitte schlendern. Kaum waren wir ausgestiegen und auf dem Weg zu Unter den Linden, als die Glocken des Berliner Domes zu läuten anfingen. Vor uns gingen ein Elternpaar und der Sohn mit seiner Frau oder Freundin, allesamt in dunklen Wollmänteln und guten Schuhen. Wir folgten ihnen, magnetisch angezogen von dem Geläut und der Aussicht, doch noch, obwohl es nicht geplant war, in eine Christmette oder in ein schönes Weihnachtskonzert zu gelangen. Kurz darauf hörten die Glocken auf zu läuten, wir nahmen ein hellblaues Faltblatt entgegen und standen in einer Seitenloge des rund gebauten Kirchenraumes.

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Ratten

Veröffentlicht am 14.12.2004

Unser Nachbar denkt nur noch an die Ratten. Seit dem Sommer geht das schon so. Er spricht über nichts anderes mehr. Mal werden Fallen gestellt, dann kommt der Kammerjäger wieder vorbei, dann entdeckt er wieder ein altes stillgelegtes Wasserrohr im Hof oder einen offenen Schacht, durch den die Rohre bis unters Dach führen. Jetzt hat er seinen Kellerboden betoniert und natürlich war er ganz gespannt, ob sich da auf dem frischen Beton irgendwelche Rattenpfoten eingraviert haben. Da war aber nichts. Allerdings, schlau wie unser Nachbar ist, hat er einen Napf mit Futter vor seine Kellertür gestellt und siehe da, sie waren tatsächlich gekommen und hatten von seinem Futter gefressen. Alle Maßnahmen, wie Fallen und Gift, waren also umsonst gewesen. Nun erwägt er, ihnen Gips mit Zucker und ein Schälchen Wasser dazu zu stellen. Man kann sich vorstellen, sagt er, wie sich das dann entwickelt. Weil sie vom Zucker Durst bekommen, werden sie trinken und dann wird sich in ihrem Magen ein Zementklumpen bilden und peng, werden sie platzen, innerlich. Vielleicht findet er dann endlich eine andere schönere Aufgabe in seinem arbeitslosen Leben.

Zur Komik

Veröffentlicht am 16.11.2003

Eigentlich bin ich in keiner Weise komisch. Komisch sein muss ich mir immer irgendwie vornehmen. Das ist sehr vom Kopf aus gesteuert. Seien wir mal ehrlich. Im Grunde meines Herzens bin ich eine Drama Queen. 

Alltägliche Dramen

Veröffentlicht am 13.05.1998

Wo sind die wirklichen, die großen Dramen? Sie stehen jeden Tag in den Zeitungen, die man am Kiosk kaufen kann. Sie (die Dramen der Geschichte, die sozialen Dramen, die politischen Dramen) ereignen sich überall und werden täglich berichtet. Sie unterhalten uns. Sie bringen uns zum Staunen. Manchmal, wenn sie "irgendwie irgendetwas mit uns zu tun haben", ängstigen sie uns. Und wir laufen noch ein bisschen öfters zum Kiosk und kaufen noch mehr Zeitungen. 

Um uns über den Vorgang, der uns angeht, auf dem Laufenden zu halten. Um uns möglichst umfassend zu informieren. Um die Katastrophe, die sich anbahnt, das Ereignis, das Wellen schlägt, DEN FALL genau zu erforschen. Meistens wird der Fall irgendwann abgeschlossen, das Ereignis hat seine Unterhaltungsmunition verschossen, und die Katastrophe hat uns wieder einmal nicht wirklich betroffen. Dann können wir wieder lockerer werden. Dann können wir uns wieder dem eigentlichen Leben, dem Alltag, den Alltagssorgen, den ganz normalen Problemen zuwenden. Weiterleben, als ob nichts geschehen wäre. Weitermachen, leben eben, was ja auch schon schwierig genug ist. Wochen oder Tage später, möglicherweise, gibt es aber schon wieder einen anderen Fall, einen seltsamen und unter Umständen mit uns in Verbindung zu bringenden Vorgang, den wir, völlig unentschlossen, aber verführbar, irgendeiner Zeitung entnehmen. Und wir gehen wieder ein bisschen öfter als sonst zum Kiosk. Und lesen wieder eine Folge von Zeitungen. Und das aktuelle Ereignis ereignet sich wieder in unseren Köpfen. Als Vorstellung. Als Kino in unserem Kopf. Und es hat uns wieder niemand die Knochen gebrochen.

Zur Familie

Veröffentlicht am 16.02.1998

Ein Faszinosum, ein anrührendes: Dass, egal wer anfängt, über seine Familie zu erzählen, zwangsläufig auf das ganze Panorama des Menschlichen stößt. Da gibt es dann, je nachdem wie weit man zurückgeht, garantiert: den Selbstmörder, die Alkoholikerin, den Kriegsgeschädigten, den Aufsteiger, den Versager, das Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn, den Erbstreit zwischen den Geschwistern, die Spießbürger auf der einen, den Aussteiger auf der anderen Seite. Da gibt es, überall, einen mehr oder weniger akzeptierten Wahnsinn und ein Durchhaltevermögen. Die Frauen als Dragoner, die Männer als Ehrgeizlinge. Und dahinter die Blessuren. Die Depressionen, die Traumata, das Unerfüllte. Und in jeder Familienchronik irgendwann einen Wirt und eine Wirtin.

Zur Komik

Veröffentlicht am 17.01.1998

Es braucht keine Verdrehungen in der Sprache, damit das Gesagte komisch wird. Wenn eine Figur nur ihre Gefühle anspricht, reicht das schon, dass wir über sie lachen. Je tiefer, je verzweifelter ihr Gefühl ist, das sie uns auf der Bühne erklärt, umso lächerlicher ist sie. Je weniger ihr das Geständnis ihres Gefühls nützt, je absurder/unpassender die Situation ist, in der sie das tut. Je vehementer sie das tut... darin liegt die Komik.

Warum ich jetzt Komödien schreibe?

Veröffentlicht am 09.01.1998

Weil ich aus einer viel größeren Distanz heraus schreibe als früher. Ich bin nicht mehr so involviert. Es ist mir nicht mehr so heilig, was ich zu sagen habe. Ich schließe den Irrtum bereits mit ein, und der lässt sich mit den Mitteln der Komödie besser in Szene setzen.

Vielleicht weil sich mein Blick immer mehr auf die wirklich vertrackten Probleme richtet, deren Beschreibung nur mit Komik und Satire erträglich ist.

Vielleicht weil ich weiß, dass man die Zuschauer zum Lachen bringen muss, währenddessen man ihnen von den unangenehmen, kaum lösbaren Dingen erzählt.

 

Über Filmgeschichte

Veröffentlicht am 04.01.1998

Beim Filmgeschichten schreiben fiel mir auf, wie erleichternd Zusammenhangskonstruktionen sind, wie wunderbar es ist, alle Fäden in der Hand zu halten, mit ihnen so zu spielen, dass sie sinnvoll miteinander in Beziehung stehen, am Ende zusammenlaufen, allesamt begründet sind. Das hat etwas zutiefst Befriedigendes, das ist wie Mathematik, eine Gleichung, die am Ende aufgeht. Das hat nichts mehr mit dem wirklichen Leben zu tun. Das ist Dramaturgie.

Das ist KONSTRUKTION.

Man sollte also nicht so tun, als bilde man die Wirklichkeit ab, als könne man Leben in Form einer Geschichte mit Anfang Mitte und Schluss erzählen.

Wenn man eine solche Geschichte erzählt, was nur eine Erfindung sein kann, dann muss auch genau diese Erfindung zum Ausdruck kommen. Alles andere wäre naiv, würde einen naiven Zuschauer voraussetzen.

Der Kunst darf ihre Künstlichkeit anzumerken sein.

Über das Sprechen

Veröffentlicht am 12.05.1997

Zwei Menschen, die sich schon eine ganze Weile kennen, sprechen über die Probleme, die sich in den letzten Wochen ihres Zusammenseins ergaben. Schon wird es mindestens zwei Varianten derselben vergangenen Vorgänge und mindestens eben so viele Beurteilungen geben. Vielleicht schwanken die Erinnerungen im Laufe des Gesprächs, so kommt es zu weiteren Varianten. Alles was gesprochen wird, ist letztlich nur haltbar als gemeinsam erlebte Wirklichkeit, wenn am Ende beide den zusammen gesammelten Fetzen Glauben schenken und sich auf eine Variante einigen können. Aber schon das Erinnern und das Erinnerte in Worte bringen, ist ein Akt der Transformation,

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Zum Theater

Veröffentlicht am 05.05.1997

Jetzt weiß ich wieder, was das Schöne und Besondere am Theater ist. Dass es ein Ort für die Menschen ist.

Dass der Mensch gezeigt wird, mit seinen Träumen, Nöten und seinem Scheitern.

Dass aber eine Gnade herrscht.

Dass es zwar eine Ungerechtigkeit gibt unter den Menschen, aber noch lange keinen einfachen Richterspruch.

Dass die Bühne das Boot ist, in dem wir alle sitzen.

Ein Ort ohne Fassaden. 

Kinder

Veröffentlicht am 29.09.1996

Zu lange wurde in unserem Abendland dem Kind auf die Finger gehauen, zu lange wurde der gesunde Eigensinn als Krankhaftigkeit bekämpft, zu lange wurde dem Lebendigen und dem Sinnlichen eine „gute Erziehung“ verpasst. Jetzt wird es lange, sehr lange dauern, bis das Kind dieses Abendlandes wieder ein glückliches, ein lebensfrohes, ein sinnesfreudiges Kind wird, das die Sinnesfreude, das Leben und das Begehren, die Selbstbestimmung und das Glück der anderen Kinder achten können wird. Wir haben die Folgen der Folgen zu tragen. 

Zum Feminismus

Veröffentlicht am 29.09.1995

Wenn ich wirklich politisch wäre, käme ich ohne die feministische Theorie vermutlich nicht aus. Sie ist der intellektuelle Anschub, mit dem Geschichte neu gesehen und Zukunft anders gestaltet werden will.

Aber ich bin im Grunde keine Aktivistin, was heißt, dass mein Interesse an dieser Theorie eine fleißige intellektuelle Aufgabenbewältigung bleibt. Ich kann dann doch keine "Programmliteratur" schreiben, aus der Theorie eine für mich gültige Ästhetik herausziehen. Meine Ästhetik folgt dem Thema und kommt wie dieses, aus mir selbst. Mein Liebäugeln mit einer Gemeinschaft von Frauen, denen ich als Sucherin angehöre, ist eine Wir-Sehnsucht unter anderen.

Manches an meiner Wahrnehmung schreibe ich meinem Geschlecht zu, vieles nicht.

 

Vom Tragischen und Komischen

Veröffentlicht am 14.01.1994

TRAGISCH wird es, wenn die Figur im Stück ein von ihr nicht lenkbares Schicksal hat, das ihr sogar bewusst ist. Wenn die Figur an diesem Wissen und der gleichzeitigen Ohnmacht zu leiden beginnt oder aus diesem Wissen vorschnelle Schlüsse zieht, die zu Unglück stiftenden Handlungen führen, wenn die Figur also als eine durch und durch zwischen Erkenntnis und Handlungsspielraum gekreuzigte gezeigt wird, so haben wir es mit einem Drama oder mit einer Tragödie zu tun.

Wo aber die Figuren sich ihrer tragischen Lage gar nicht bewusst werden oder ihr Bewusstsein ein derart verschobenes ist, dass ihnen zuweilen die ein oder andere Misere wohl vor dem inneren Auge erscheint, ihnen aber dennoch keineswegs zu Verzweiflung oder Ausbruch Anlass gibt, wo also das Denken nicht geradeaus, von einer Ursache auf eine Wirkung zugeht, sondern a) ganz unmündig bleibt oder b) gar schon weise und anarchistisch geworden ist, da sind dieselben Figuren plötzlich komisch, die vorher noch tragische Helden waren.

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