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Meine Mutter

Veröffentlicht am 06.09.2007

Meine Mutter erzählte gestern Abend unter herzhaftem Gähnen von den kargen Jahren ihrer Kindheit, etwas, wovon sie, wie mein Vater sagte, immer öfter erzählt. Wie sie sich als Kind, wenn sie Hunger hatte, einfach auf den Boden gelegt habe. Dass sie sich nicht an ein gutes Essen zuhause erinnern könne,

dass sie manchmal einfach eine kalte gekochte Kartoffel gegessen habe und es morgens mittags abends in den Kriegsjahren eine dünne Mehlsuppe gegeben habe. Nur wenn sie mit einer ihrer Schwestern auf den Langenhard zu den Halbschwestern ihres Vaters hinauf gegangen sei, habe es gutes Essen gegeben. Dort auf dem Bauernhof gab es dann Kartoffelsuppe mit Rahm, mit dickem cremigem Rahm!, und Omelette dazu, was Pfannkuchen sind, und deshalb wären sie als Kinder, trotz des langen Weges, ein bis zweimal die Woche und immer gern da hinauf gegangen. Ihr Vater habe da nach seiner Arbeit als Stuhlmacher immer noch auf dem Hof geholfen, bei der Heuernte und allem, was so anfiel, damit er für seine sieben Bälger ab und an was zu essen mitnehmen konnte.

Als sie ankamen aus der Schweiz, die große neunköpfige Familie, - das Schneidegerät des Vaters hatte allen Kindern den gleichen Rundkopf mit Pony verpasst, wo doch zu der Zeit noch die Zöpfe angesagt waren -, da hätten die Leute auf sie gezeigt und gesagt, das seien sicher Zigeuner. Sie wären auf dem Lahrer Bahnhof angekommen, einem zweiten Bahnhof, der mehr in der Stadt lag, auf der Höhe des heutigen Nestler, und von dort wären sie zu Fuß nach Kuhbach zu ihrem neuen Zuhause gelaufen, was schätzungsweise so acht Kilometer gewesen sind. Meine Mutter war die Kleinste und es kam ihr unendlich vor.

Dann noch die Geschichte von der unbeheizten Kirche und den mit Metall beschlagenen Holzschuhen und wie laut es immer war, wenn eine so beschuhte Kinderschar über den steinernen Kirchenboden zu den Reihen ging und während der Kommunion, was für ein Klackern das immer gewesen sei und wie eiskalt es in der Kirche war und alle ganz durchgefroren und immer wieder, dass ihr Vater zuhause geblieben sei am Heilig Abend und ordentlich eingeheizt habe für seine Frau und die Kinder, damit die sich nach dem ungemütlichen Kirchgang gleich aufwärmen konnten.