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Meine Arbeit

Veröffentlicht am 21.08.2014

 Was mache ich? Nachdenken. Im besten Sinne des Wortes. Es geschehen Dinge und ich denke ihnen nach, hinterher sozusagen. Ich kriege sie gerade noch so zu fassen um sie mir noch einmal anzuschauen. Ich versuche sie zu begreifen, diese Dinge, die um mich herum geschehen...

Von denen wir jeden Tag erfahren. Die uns auf eine oft noch unbestimmte Art und Weise betreffen, die wir, wenn wir sie hören oder sehen, noch gar nicht verstehen. Sie lösen ein Unbehagen aus, Angst, Entsetzen, für wenige Sekunden, und dann ist es wieder vorbei, weil sie nicht greifbar sind, weil sie uns nicht unmittelbar bedrohen, weil ihre Wirkung auf uns sehr subtil ist. Oder sich schleichend vollzieht. Wie die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine, in Syrien, im Irak, in Gaza (und wo auch immer) auf uns einwirken werden, wissen wir nicht, aber die Ahnung ist dunkel. Wie Europa regiert wird, bleibt für viele von uns reichlich diffus. Und wie die Finanzkrise in unser Leben hinein gespielt hat, merken viele von uns, die keine Aktienwerte oder Immobilien verloren haben, erst ganz allmählich. Man muss schon in einer Bank oder Börse, in einer Versicherung oder im Dunstkreis einer Regierung arbeiten, um die manchmal kaum noch merklichen Beben und die Folgen der ganzen Misere mitzubekommen. Wie überhaupt das Haben oder Nichthaben von Geld auf uns wirkt, häufig erst allmählich bemerkt wird, denn wie von vielem haben wir auch davon oft gar kein Bewusstsein. Wir agieren und reagieren unbewusst, wir passen uns an, und nur wenn die Veränderungen abrupt kommen, werden wir wach und nervös.

 

Bei diesem hinterherstolpernden Nachdenken, das meine Arbeit ist, versuche ich mir über etwas, was mein Leben auf subtile, aber doch bedeutsame Weise beeinflusst, bewusst zu werden. Ich versuche zu verstehen, was da auf mich und mein Leben einwirkt, was da möglicherweise auf andere ebenso oder in ähnlicher Weise einwirkt. Ich verschaffe mir darüber einen Eindruck, so gut ich das kann. Ich bekomme darüber dann vorübergehend eine Art Klarheit, die ich aber eher als ein Gefühl beschreiben würde. Ich will keine Doktorarbeit schreiben. Ich will auch keinen Dokumentarfilm drehen, in dem ich in aufrührerischer Weise den Leuten die Wahrheit hinter der Wahrheit verkaufe. Ich möchte der Wahrheit, sofern es sie gibt, lediglich so nahe kommen, wie ich es brauche, um meine Phantasie über die Dinge entwickeln zu können. Und diese Phantasie ist Ausdruck eines Gefühls, einer Ahnung, was in unserer Gesellschaft in welcher Form auf jeden Einzelnen einwirkt.

 

Man könnte auch sagen, ich versuche aus dem Gefühl der Ohnmacht, das die Realität oft in mir hervorruft, auszubrechen. Im kreativen Prozess des Nachdenkens, Phantasierens, bei der Erschaffung meiner Figuren und bei allen Entscheidungen, die ich, während ich eine Geschichte schreibe, zu treffen habe, bestimme ICH. Und dieses Gefühl der Macht ist befreiend.