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Käse

Veröffentlicht am 16.01.2006

 

Neulich kaufte ich einem um eine paar Cents fragenden Bettler, der vor dem Kaisers Markt stand und mir anbot, auf die Blumen im Gepäckträger meines Fahrrades aufzupassen, ein Stück Käse und zwei Brötchen dazu.

Er hatte mir noch nachgerufen, ich könnte ihm auch etwas mitbringen und ich hatte mich umgewendet und ihn gefragt, was es denn sein solle, da sagte er, ein Stück Käse wäre gut, welche Art von Käse es sein sollte, fragte ich, herzhaft oder mild, und er sagte, Camembert. Wie soll ich sagen, es war ein geradezu beglückendes Gefühl, mit dem Einkaufswagen an die Käsetheke zu fahren und diesem Fremden da draußen ein gutes Stück Käse auszusuchen. Ich hätte ihm vermutlich auch ein bisschen Geld gegeben, aber dieses Stück Käse erschien mir um so viel sinnvoller und es hatte auch etwas sehr Persönliches, es war fast, als würde ich einem Freund ein Geschenk kaufen, eines, über das er sich sicherlich freuen würde. Der Mann war dann auch sehr erfreut und lachte und verabschiedete mich aufmerksam und mehrmals hintereinander. Doch als ich ihn am nächsten Tag wieder vor dem Markt stehen sah, nahmen wir keinerlei Kontakt zueinander auf. Ich beobachtete, wie er mit einem jungen Vietnamesen sprach, der auch schon am Tag davor in der Nähe herum gelungert hatte. Ein junger Kerl in Jeans und übergroßer blauer Steppjacke, der offensichtlich gedealte Zigaretten vertickte. Die beiden sprachen miteinander und ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob sie nicht sogar zusammen Geschäfte machten und dieser Gedanke führte dazu, dass sich mein freundschaftliches Mitgefühl in Ablehnung verwandelte und ich jeglichen Augenkontakt vermied. Ich stellte mein Fahrrad an derselben Stelle wie am Vortag ab, der Bettler, der übrigens recht gut angezogen und auch nicht von Alkohol gezeichnet ist, stand wie schon am Tag zuvor am Treppengeländer ein paar Meter daneben. Doch wir ignorierten einander. Es war, als hätte es diesen fast herzlichen Umgang vom Vortag gar nie gegeben.