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Im Park

Veröffentlicht am 12.10.2005

Wir haben einen goldenen Oktober. Die Tage erwärmen sich auf nahezu zwanzig Grad und man wundert sich, wenn es dann abends doch schon um halb sieben dunkel wird. Gestern war ich um diese Zeit im Friedrichshain Park. Als ich mein Fahrrad anschloss, stand die Sonne schon sehr tief. Sie lag flach über der Straße und erreichte nur noch einzelne Baumwipfel. An manchen Stellen im Park streckte sie sich noch durchs Unterholz und funkelte, doch der Spielplatz am Eingang und das Basketballfeld lagen schon im Schatten. Manche der Spieler trugen wie im Sommer kurze Hosen und T-Shirts und sie rannten gegen die einbrechende Dunkelheit an.

Die Wege waren noch voller Leute. Viele Jogger drehten wie ich ihre Runde um die Trümmerberge. Junge Mädchen und Paare in Abendkleidung durchquerten den Park. Vereinzelt hörte man Walker mit ihren Stöcken auf dem Asphalt. Ich lief meine gewohnte Route, die in einem weiten Bogen durch die Anlage führt, über die Erdwege, am Märchenbrunnen, den Tennisplätzen und den Ehrendenkmälern vorbei. Als ich am Ententeich ankam, schoss die Fontäne schäumend aus dem Wasser. Sie war mit orangefarbenem Licht von unten angestrahlt und es war in den wenigen Minuten schon deutlich dunkler geworden. Ein junges Paar saß mit einem Hund auf einer Bank vor dem Teich. Der Hund tollte vor ihnen herum und die Frau hatte ihren Kopf auf die Schulter des Mannes gelegt. Ich lief weiter das Kopfsteinpflaster entlang und überquerte den Platz mit der Büste des Alten Fritz und als ich an den Glockenturm und den kleinen Bach daneben gelangte, sprudelte das Wasser weiß blubbernd über die runden Kieselsteine und im angrenzenden kleinen See ragte eine noch höhere Wasserfontäne schäumend und schillernd in den Abendhimmel. Gegenüber in der Anlage flossen die Wasserfäden silbern über den Wasserpilz herab und die letzten rosaroten Buschröschen leuchteten unter den Laternen. Und noch heller und wärmer strahlte das Cafe Schönbronn. Die Terrasse war mit kugelförmigen Lampen umsäumt und Leute saßen noch draußen an den Tischen und durch die Fenster des flachen Gebäudes floss das rötliche Licht aus dem Inneren des Cafes. Ich machte kehrt und lief den Hang hinauf und mit jedem Schritt wurde es dunkler und dunkler. Bald schon kamen mir die Spaziergänger wie verblasste Schemen entgegen und die Jogger waren nur noch in ihrer Bewegung zu erkennen. Ich lief ein Stück den zweiten Trümmerberg hinauf, durch das lichte Wäldchen und dann am verblühten Rosengarten vorbei auf die große Wiese hinaus, um die herum die Skater ihre Bahnen ziehen und man stundenlang eine Kiesbahn entlang joggen kann. Ich bog in die Kiesbahn ein und lief auf einen Trainingsplatz zu, der mit Flutlicht hell erleuchtet war. Auf dem Rasen waren in kurzem Abstand zwei Tore aufgestellt und ein Trainer im schwarzen Trainingsanzug feuerte die jugendlichen Fußballspieler an. Die einen trugen leuchtend gelbe Shirts, die anderen blaue und ich hörte die kehlige Stimme des Trainers, der die Jungs ständig anheizte, so dass sie unaufhörlich in Bewegung blieben. Über dem Flutlicht wölbte sich ein schwarzblauer Himmel und die Bäume, die das Fußballfeld umstanden, schienen in helles Grau getaucht. Ich schaute den Jungs eine Weile zu, neben mir der unwirklich helle Stamm einer Eiche und wie ich weiterlief, knackte und mahlte es unter mir, denn der Weg war mit Eicheln bestreut. Ich lief die Kiesbahn weiter entlang, als hinter mir ein Jogger auftauchte, der unentwegt von seiner Arbeit erzählte. Er sprach laut vor sich hin und ich hatte mich schon gewundert, dass keiner ihm eine Antwort gab. Als er mich überholte, sah ich, dass er mit einem Headset telefonierte. Dann, als ich hinüber auf die Wiese blickte, sprühte ein blaugelbgrünes Licht über den Asphalt. Ein Skater fuhr dort mit fluoreszierenden Rädern hin und her. Inzwischen war es vollkommen dunkel geworden und seine Silhouette auf den neonbunten Lichträdern war wie ein kleines Feuerwerk, ein Spiel mit der herein gebrochenen Nacht.