Ich habe mir die Aufgabe gestellt, aus mir eine komische Figur zu machen. Das erste, was mir dazu einfällt, ist, dass ich alles andere als komisch bin, das exakte Gegenteil. Wenn ich mit mir alleine bin, ist das besonders zu merken. Es gibt keinen einzigen Lacher, ich pfeife auch äußerst selten vor mich hin oder singe, so wie das mein Mann oft macht.  Ich stecke in einer Art Zwangsjacke, die mir jede Lockerheit nimmt. Meine Muskeln sind mittlerweile so verhärtet, dass ich zur Physiotherapie gehen muss. Man hält mich für eine Sportlerin,

 in Wirklichkeit bin ich nur verbissen und verspannt. Ich halte meinen Muskelapparat durch Verspannung in Form, aber so, dass es inzwischen weh tut. Ich glaube, ich atme oft Sekunden lang gar nicht oder nur sehr flach, ich vollziehe die Bewegungen mit einem gepressten Atem, immer sehr schnell und immer in Gedanken schon wieder beim nächsten. Es ist daher keine Überraschung, dass ich A so bewundere, die ich jetzt öfter bei der Tagesmutter sehe. A ist eine zierliche Person wie ich, aber viel geschmeidiger. Dagegen bin ich ein Roboter. Ich habe ihr schon häufiger zugesehen, wie sie sich einen Tee macht oder einen Babybrei anrührt und wie sie dabei ganz aufrecht bleibt und ganz ruhig und elegant die Bewegungen ausführt und dabei sehr gepflegt mit mir spricht. Das wirkt nie hektisch, nie unter Zeitdruck. Sie hat etwas Anmutiges an sich, worum ich sie sehr beneide und ich habe schon darüber nachgedacht, ob sie aus adligen Verhältnissen kommt – ihr Name könnte es hergeben. Ich jedenfalls bin mir in ihrer Gegenwart meiner bäuerlichen Herkunft schmerzlich bewusst. Bei mir muss alles mit Hauruck gehen und so, dass die Adern hervortreten. Dazu kommt, dass die guten Eigenschaften des Bauerntums durch das Kleinbürgertum, in das es übergegangen ist, ausgelöscht wurden. Auch ein Bauer hat eine Ruhe in sich, wenn er nur Bauer sein muss. Er ist einfach und packt an, wo er muss, aber er kann auch gemütlich durch die Stube schlurfen und mittags vor dem Ofen dösen. Das aber ist nicht bis zu mir durchgereicht worden, denn aus dem Bauern wurde ein Handwerker, der es auch noch in die Mitte des Mittelstands schaffen wollte. Ich bin in einem Elternhaus groß geworden, in dem die Ruhe des Bauern nicht mehr galt und das Yoga noch ein Fremdwort war.